Jester

von MT Waschk

Meinen persönlichen Herzenshund Jester lernte ich in unserer Hundeschule kennen.

Luca, unsere Husky-Corgi-Hündin, wollte, meiner anfänglichen Meinung nach, nicht so recht hören und immer nur jagen.

So begab ich mich auf die Suche nach einer neuen Hundeschule für sie. Ich klapperte viele ab, bis ich endlich eine Trainerin fand, die eigentlich mir die Ohren langzog (und endlich nicht meinen Hund) und für die gestörte Kommunikation verantwortlich machte. Ich lernte meine Hündin Luca zu verstehen, begriff wie kreativ und selbständig meine Motte ist und lernte mehr und mehr dazu.

Und ich lernte kennen, viele nette Leute und auch viele nette Hunde. Darunter auch Jester, Cocker Spaniel, Hund meiner Trainerin. Von ihr erfuhr ich, dass sie ihn rettete, sie packte ihn damals bei einer Bekannten ein, die ihn ins Tierheim verfrachten wollte oder ihn sogar einschläfern lassen wollte, denn seit sich eigener Nachwuchs eingestellt hatte, war Jester nicht mehr erwünscht. Zudem war er auch nicht gut auf den Nachwuchs zu sprechen, denn vorher war er der Kindesersatz und nachher entthront und sollte sich zudem alles vom Kind bieten lassen. Nach dem ersten Knurren fiel die Entscheidung seiner ersten Besitzerin.

Jester war der Hund meiner Trainerin, ein älterer Hund, dem man nach Jahren beigebracht hatte, was es endlich hieß, Hund zu sein. Er lernte schnell und gern, war ein Clicker-Crack.

Unsere Trainerin besaß aber noch zwei Labradore und eine Staff-Mix-Hündin, ihre Hunde sind die Großen. Jester fühlte sich in diesem Rudel nicht wohl, er soff zwischen 11 und 18 Liter pro Tag und pieselte natürlich alles voll. Eine medizinische Indikation dazu gab es nicht. Unsere Hündin Luca mochte Jester und ich ihn auch.

Zu unserer Trainerin sagte ich immer nur, wenn sie mal wieder durch Pieselei genervt war: „Den nehme ich, der hat ne coole Frisur“.

Irgendwann stand unsere Trainerin dann mit Tränen in den Augen vor mir und sagte: „Wenn es wirklich geht, dann nimm ihn. Er fühlt sich bei uns nicht mehr wohl.“

Also begann ich auf der Arbeit zu kämpfen, dass ich ihn mitnehmen kann. Luca geht ja mit ins Altenheim und Jester würde dann der Hund auf dem Bauspielplatz in Köln werden. Ich informierte die Fachberatung, die mir den Weg frei schaufeln sollten, damit ich Jester mitnehmen kann. Eine sagte ja, der andere nein und der dritte war ein Wendehals, der immer das sagte, was gerade der andere sagte.

Also rief ich direkt die Geschäftsführerin an und bat um Jester und sie sagte zu.

Der Hundetrainerin brachte die Abgabe von Jester sehr viel negative Kritik ein, aber für Jester war dies die beste Entscheidung für sein (und auch mein) Leben. Ich danke der Trainerin von Herzen für diese Entscheidung, einen Hund gehen zu lassen, weil man weiß, es gibt was Besseres für ihn. Jester hat es ihr gedankt, ich auch. Und sollte dies bei Jemand zu Unverständnis führen, dann sage ich ihm, dass es viel schwerer ist aus Liebe gehen zu lassen als ungesund zu klammern.

Endlich konnte er ganz kommen. Vorher durfte er schon die Wochenenden immer bei uns sein.

Dann kam er. Schwarz mit loh, einen Monat vor seinem zehnten Geburtstag, wunderschön, aufgrund des Alters stocktaub. Er brauchte seine Herzmedis, ansonsten war er topfit. Und er freute sich, unser Hund zu sein, besonders mein Hund, er liebte es, mich zu begleiten, egal wohin. Sogar zu meiner Hausärztin durfte er mit ins Behandlungszimmer, weil ich so Angst vor Ärzten habe.

Und auch auf der Arbeit machte er eine mehr als gute Figur. Viele Kids, die sich immer einen Hund gewünscht haben und wo dieser Wunsch nicht realisiert werden konnte, fanden in Jester „ihren“ Hund. Er trocknete viele Kindertränen (oder leckte sie einfach ab), erzog die Kinder zur Ordnung, wenn er sch aus ihren nicht aufgehängten Jacken ein Nest zum Schlafen baute.

Und Jester war da. Er liebte sein neues Leben, ging gerne mit spazieren, mochte Luca (und sie ihn) und seinen vollen Napf und alle Streicheleinheiten. Er liebte es mit zur Arbeit zu gehen und wenn er mal einen Tag nicht mitkonnte und mit Luca und der Gutsten daheim bleiben musste, lag er vor der Tür und trauerte.

Jester erkrankte bei uns, er bekam IBD und eine Nahrungsmittelunverträglichkeit, so kochten wir ihm täglich sein Futter frisch. So manche Nacht verbrachten wir gemeinsam in der Tierklinik, doch Jester war ein großer Kämpfer, der sein Leben über alles liebte, so konnte er die Schübe des IBD immer irgendwie kompensieren.

Dem Tierarzt war dies mehr als ein Rätsel, woher der kleine Methusalem diese Lebensenergie hernahm, oft bekamen wir gesagt, dass wir uns nur auf zwei gemeinsame Monate einstellen sollten.

Über das Alter erblindete er auch, aber er fand sich mit seiner Nase überall zurecht. Vor allen Dingen fand er immer wieder mich, war er auf der Arbeit in einem Raum eingeschlafen, begann er nach dem Aufwachen direkt mich schnüffelnd zu suchen, immer erfolgreich.

Er nahm die Dinge immer gelassen, er hatte ein grenzenloses Vertrauen zu mir und ließ sich auf sämtliche Situationen in meiner Nähe vertrauensvoll ein.

Den Kampf gegen den Krebs verlor er einen Monat vor seinem 15. Geburtstag. Ich musste ihn, wenn ich ihn wirklich liebe, gehen lassen, damit er nicht qualvoll erstickt.

Ich bereue nicht einen Moment mir einen „Methusalem“ ins Haus geholt zu haben. Ich weine keinem Cent der Tierarztkosten hinterher.

Ich bin froh und dankbar fünf Jahre lang einen wunderbaren Freund an meiner Seite haben zu dürfen. Er wird bei mir ewiglich unvergessen sein.